Barbara

Karriere & Erfolg

Frauen sollten die Wahl haben. Die Wahl, Karriere zu machen, ihre Träume zu verwirklichen. Für was auch immer sie sich entscheidet, es sollte ohne grosse Kompromisse machbar sein. Barbara Miller ist seit über 20 Jahren freischaffende Filmregisseurin. Mit ihr sprechen wir über Erfolg und Karriere und darüber, wie die Gesellschaft Frauen besser unterstützen kann. 

Karriere & Erfolg
Barbara Miller
26.07.22

Du bist eine erfolgreiche Dokumentarfilm-Regisseurin. Kannst du uns etwas über deinen Weg zum Erfolg erzählen?

Mein Weg verlief nicht geradlinig, sondern mit vielen Ecken und Kurven. Ich studierte Philosophie, Psychologie und Filmwissenschaft im Grundstudium und wechselte dann zu Jura, weil ich dachte, «ich will mich für Gerechtigkeit einsetzen und viel bewegen in der Welt». Schon während dem Studium merkte ich aber, dass Rechtswissenschaft nicht der richtige Weg für mich ist, weil eine Karriere im juristischen Bereich oftmals bedeutet, in der Wirtschaft, zum Beispiel für eine Bank, zu arbeiten und dem Unternehmen möglichst viel Geld zu organisieren. Mit dem Gedanken, die Welt zum positiven zu verändern, ging ich dann zum Film, auch wenn das für mich hiess, ganz unten anzufangen. Ich arbeitete erst bei grossen Produktionsfirmen, später war ich während zehn Jahren für das Schweizer Fernsehen als freischaffende Regisseurin für die Sendung DOK tätig und konnte dort viele Tabuthemen angehen und dokumentieren, so zum Beispiel häusliche Gewalt, die Klitoris oder Sex im Internet. Doch erst der Schritt zum Kinofilm, gab mir die Chance auch globale Themen zu realsieren. 


Was hat dich dazu gebracht, Filme zu machen?

Für mich ist es die Möglichkeit Menschen zu erreichen, und zwar auf eine Art, die Herz und Verstand anspricht. Mit einem Dokumentarfilm hat man die Möglichkeit, eine authentische Geschichte zu erzählen, das Publikum zu bewegen und somit neue Gedanken oder Themen anzusprechen. Die Hoffnung ist, dass sich die Zuschauenden darauf einlassen, da ihr Herz angesprochen wird und sich dadurch etwas zum Besseren verändert. 


Welche Bedeutung hatten Erfolg & Karriere früher für dich und wie siehst du das heute?

Während meinem Jura-Studium bedeutete Erfolg für mich eine Karriere in der Politik. Denn als Kind träumte ich davon, die erste Bundesrätin zu werden. (lacht) Als Jugendliche war das Gefühl von Geld und Annerkennung die Idee von Erfolg. Heute heisst Erfolg für mich, etwas in der Gesellschaft zu verändern. Menschen zu berühren, zu motivieren ihr Leben zu überdenken, Frauen Mut zu machen, bspw. aus einer gewalttätigen Beziehung auszubrechen oder wie beim Thema Klitoris, dass Frauen sich getrauen, ihre sexuelle Lust zu entdecken. Die Menschen ermutigen für Neues und für sich selbst einzustehen. 


Meinst du Frauen definieren Erfolg anders als Männer?

Ich glaube, in unserer Gesellschaft ist das definitiv so. Aber ich weiss nicht, ob das mit der Natur von Mann und Frau zu tun hat oder weil wir Frauen anders konditioniert werden. Mädchen werden oft darauf getrimmt, schön zu sein, mit einem tollen Mann an der Seite, und wenn sie dann auch noch Karriere macht und viel Geld verdient, ist das auch ok. Und bei Männern liegt die Definition von Erfolg sehr oft auf Karriere, Geld und Prestige. Schön wäre, wenn beide Geschlechter eine ähnliche Definition hätten, nämlich, dass Erfolg bedeutet, etwas Positives in der Welt zu erreichen.

ICH FINDE ES WICHTIG, DASS MAN HELDINNEN-GESCHICHTEN ERZÄHLT UND WIR ZEIGEN, WIE VIEL FRAUEN LEISTEN UND KÖNNEN.
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Du fokussierst dich in deinen Filmen auch gerne auf Frauen und ihre Schicksale. Was reizt dich daran?

Geschichten von männlichen Helden gibt es zuhauf, jedoch kaum Geschichten von Heldinnen. Ich finde es wichtig, dass man Heldinnen-Geschichten erzählt und wir zeigen, wie viel Frauen leisten und können. Auch im Dokumentarfilm #femalepleasure ist Thema, dass Frauen während Tausenden von Jahren immer wieder gesagt wurde: ihr könnt nichts, eure Körper sind minderwertig und im Kopf habt ihr auch nichts. Dass das heute im Jahr 2022 immer noch nachwirkt, ist unglaublich. Meine Motivation ist, den Frauen und damit auch den Männern zu zeigen, Frauen sind genauso toll wie Männer, leisten genauso viel und können eine genauso schöne Sexualität leben wie Männer und haben auch das Recht dazu.

 

Es gibt ja dieses Sprichwort, entweder hat man Erfolg im Beruf oder Glück in der Liebe. Ist nicht beides möglich?

 

Ich denke es ist definitiv beides möglich. Wäre schade, wenn das eine das andere ausschliessen würde. Aber als Frau ist es sicher schwieriger, beides zu kombinieren. Das ist als Mann einfacher. Vor allem in der Schweiz muss noch ganz viel passieren, damit sich Kinder und Karriere nicht mehr konkurrenzieren und die Verantwortung für die Kinder nicht mehr nur bei den Frauen alleine liegt.

 

Musstest du persönlich auf etwas verzichten?

Auf die Liebe musste ich nie verzichten. Aber die Frage, ob ich Kinder möchte, stand am Anfang meiner Karriere oft im Vordergrund. Damals hiess es immer, Kinder seien ein Hindernis und wenn ich ein Kind bekäme, wäre die Karriere beendet. Heute hat sich das zum Glück geändert, die Gesellschaft ist offener geworden, so dass sich Kind und Karriere nicht mehr ausschliessen, aber es fehlt immer noch an Kinderbetreuung. 


Also ist Karriere nur möglich, wenn der Arbeitgeber Verständnis zeigt?

In der Schweiz hinken wir extrem hinterher. In anderen Ländern sind Elternzeit und garantierte Kitaplätze die Norm. In Deutschland oder Schweden trägt der Staat die Verantwortung mit und ermöglicht die Vereinbarung von Kind und Karriere. Bei uns ist das Bewusstsein zwar vorhanden, es fehlt jedoch noch an der Umsetzung. Dazu kommt, dass die Beurteilung von Frauen – oftmals auch durch andere Frauen – in unserer Gesellschaft immer noch sehr stark verbreitet ist, man urteilt darüber, was falsch und was richtig ist. 

 

Hattest du jemals einen Partner, der deinen Karrierewunsch nicht unterstützt hat?

Nein, meine Partner haben mich immer unterstützt. Ich hatte Männer mit genügend Selbstbewusstsein, um zu sagen: toll, dass du das machst und wenn ich kann, helfe ich dir. 

Barbara

Künstlerinnen werden heute mehr geschätzt als früher. Aber was braucht es noch für Gleichberechtigung in der Kunst?

Ich bin Präsidentin vom Regieverband und wir haben vor ca. 10 Jahren eine Studie gemacht, um herauszufinden, wie stark Regisseurinnen gefördert werden. Damals zeigte sich ein unglaubliches Missverhältnis. Filmprojekte von Männern wurden viel stärker gefördert. Durch diese Studie wurden sich die Förderstellen dessen bewusst und heute achtet man viel besser auf eine gerechte Verteilung.

 

Wie fühlt man sich denn als Frau in der männerdominierten Filmszene?

Ich denke, das hat sich gewandelt. Als ich mit 28 Jahren beim Film angefangen habe, waren fast alle Techniker männlich. Da musste ich ab und zu schon auf die Zähne beissen, um mich nicht unterkriegen zu lassen. Denn bis man den ersten Erfolg als Regisseurin feiern kann, wird an allem gezweifelt. Junge Frau, die hat ja keine Ahnung, die will uns jetzt sagen, was wir zu tun haben... das war nicht immer einfach.

 

Würdest du sagen, du hattest es schwieriger, weil du eine Frau bist?

Es gab in meinem Leben immer wieder Männer, die mich gefördert haben. Aber im Team war es anfangs schwieriger, respektiert zu werden. Ich musste einen kumpelhaften Weg finden, denn wenn man als Frau zu forsch aufgetreten ist, galt man schnell als Zicke. 

 

Gibt es etwas, das dir am Herzen liegt und du weitergeben möchtest?

Ich wünsche mir, Frauen würden mehr an sich glauben und sich eben nicht an äusseren Zwängen orientieren, sondern selbstbewusst ihren Weg gehen und ihren eigenen Wert spüren. 

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