Martina Bayer

Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen

Ein Appell an unser Pflichtbewusstsein

Ich kann die Worte meiner Grossmutter regelrecht hören, als sie diese Weisheiten in den für mich ungünstigen Momenten aus dem Ärmel schüttelte. Jedes Mal, wenn die Lieblingsserie im Fernsehen gerade anlief, musste ich noch schnell alle Bleistifte und Buntstifte spitzen und meine Schultasche ordentlich versorgen. Oder wenn die Gutenachtgeschichte erst vorgelesen wird, wenn das Zimmer aufgeräumt war. Oder wenn man erst den Teller leer essen musste, bevor man überhaupt das Wort «Dessert» sagen durfte (ich hatte überhaupt das Gefühl, dass es die weltbesten Desserts nur dann gegeben hat, wenn Brokkoli, Pilzragout oder Zucchinipüree auf dem Speiseplan standen).

Zuerst die Arbeit dann das Vergnügen
Martina Bayer
01.10.20

Es hat eine Vielzahl an Beispielen gegeben, anhand denen mein Pflichtbewusstsein und meine Vernunft gebildet wurden. Erziehungsberechtigte Personen sowie auch Aufsichtsorgane und Lehrpersonal machen es sich täglich zur Aufgabe, Kindern und Jugendlichen das Wort «Konsequenz» zu vermitteln. Wikipedieren wir doch kurz das Wort: Konsequenz (lateinisch consequi = folgen, erreichen) ist eine oft zwingende, mindestens jedoch mögliche Folgerung. Das heisst also mit anderen Worten: wenn – dann – sonst. Das Schöne in diesem Alter ist, dass man es Kindern meistens besonders dramatisch, ja fast theatralisch erläutert, was alles geschehen könnte und was die Folgen davon sind. Hausarrest, Naschverbot und Fernsehverbot sind so die geläufigsten Konsequenzen unter den Kindsköpfen.


In den oberen Schulstufen lernen wir dann auch die «unangenehmen» Konsequenzen kennen. Nämlich jene ohne Ablaufdatum, aber dafür mit Wirkung und von Dauer. Ein Evergreen aus dieser Zeit: «Wenn du nicht lernst, bekommst du eine schlechte Note und musst vielleicht die Klasse wiederholen» oder «Wenn du nicht verhütest, könntest du Geschlechtskrankheiten bekommen» und so weiter.



Sobald wir junge Erwachsene werden, meistern wir allerhand Herausforderungen. Durch unsere Erfahrungen und durch Erzählungen lernen wir Risiken einzuschätzen und beginnen unsere Entscheidungen mit Bedacht zu treffen. Allen voran sind es vor allem die eigenen Erfahrungen, die am meisten prägen. Wir benötigen eine gewisse Portion «Glück im Unglück», um tatsächlich wichtige Erkenntnisse aus unseren Taten zu schöpfen. 


Ein (noch harmloses) Beispiel: Die Tanknadel ist nahezu am untersten Zipfel der Anzeige. Und obwohl wir alle Alarme und Leuchten wahrnehmen, entscheiden wir uns, anstatt zur nächsten Tankstelle zu fahren, darauf zu hoffen, dass am Weg zum Ziel eh noch eine weitere Tankstelle kommt. So nach dem Motto «Das Glück ist auf meiner Seite» oder «Leben am Limit». Man sagt, es passiert dir genau ein einziges Mal im Leben, dass du mit leerem Tank (am besten auf der Autobahn nämlich) liegen bleibst. Von da an kannst du die Tankuhr klar und deutlich interpretieren.


Normalerweise enden solche Geschichten mit den Worten: «Ach hätte ich doch» oder «Wenn ich doch nur» bla, bla, bla. Tja, Pech.


Eine weitere kluge Weisheit lautet: «Gehe nur Risiken ein, die du auch verstehst.»


Bei den oft banalsten Dingen im Leben vergewissern wir uns mehrmals. Es wurden schon Urlaubsreisen ein zweites Mal angetreten, nachdem beim ersten Versuch die Sicherheit fehlte, dass die Haustür verschlossen oder auch wirklich der Herd abgestellt war. Und trotzdem sind wir mit unserer eigenen Gesundheit unvernünftig nachsichtig.


Wieso also gehen viele Frauen nicht regelmässig zu ihren Vorsorgeuntersuchungen?


Damit nicht genug – woher nehmen wir die Sicherheit, dass wir uns der lauernden Gefahr bewusst sind?


Unser tägliches Leben ist voller Bewegung, und selbst jene unter uns, die gerne planen, müssen oftmals neu planen, priorisieren und sich teilweise sogar entscheiden, welche der Termine verschoben werden müssen. Die Vorsorge hat so etwas Beruhigendes an sich, sodass manche von uns dazu neigen, eher solche präventiven Massnahmen auf die lange Bank zu schiebe als jene Termine, wo man beispielsweise schon etwas spüren kann oder gar sieht. Es ist menschlich und völlig verständlich, dass Vorsorgeuntersuchungen nicht mit der gleichen Vehemenz verfolgt werden, da wir meistens noch kein Gefühl dafür entwickelt haben. Wir sprechen ja oft von etwas rein Hypothetischem – und erst bei der Diagnose von etwas Konkretem.

Martina Bayer Image without a name

Jeder von uns kennt dieses schlummernde Gefühl, das sich «schlechtes Gewissen» nennt. Dem darf man ruhig zuhören.


Es ist völlig verständlich, dass wie wenig Zeit haben und so viele andere verbindliche Verantwortungen im Leben tragen – und oft einfach keinen Kopf dafür haben oder es überhaupt vergessen, weil wir nicht zu den hypochondrischen Personen zählen, die alles abklären lassen. Selbst wenn wir gar nicht zur Vorsorge gehen oder nur unregelmässig, wird uns niemand einem Vorwurf machen. Wir alle kennen die Gründe.


Ich gehöre übrigens zu denen, die regelmässig zu ihren präventiven Untersuchungen gegangen ist, und wurde von der Diagnose völlig überrascht. Das so etwas Aggressives, Schnellwachsendes in mir Platz gefunden hat, war schockierend. So froh waren aber meine Ärzte, dass es eine Historie gab, anhand derer die Einschätzung des Schweregrades erleichtert wurde.


An Brustkrebs (Mammakarzinom) erkranken in der Schweiz pro Jahr etwa 6200 Frauen und 50 Männer. Damit ist Brustkrebs die häufigste Krebsart bei Frauen: Auf Brustkrebs entfällt fast ein Drittel aller Krebsdiagnosen bei Frauen. Obwohl das Brustkrebs-Risiko nach dem 50. Lebensjahr deutlich ansteigt, betrifft die Krankheit auch jüngere Frauen: 20 % aller Patientinnen sind zum Zeitpunkt der Diagnose jünger als 50 Jahre.



Geschultes Fachpersonal kann mithilfe neuester Technik und Erkenntnissen präventive Untersuchungen durchführen. Bei jedem Besuch werden die medizinischen Daten und Werte aufgenommen. Später können diese zu Vergleichszwecken genutzt werden und helfen damit enorm bei der Einschätzung des Krankheitsverlaufs. 


Zwar kann man mit Vorsorgeuntersuchungen das Wachstum von Krebszellen nicht verhindern, man kann aber durchaus davon ausgehen, dass durch die Früherkennung mit einem positiveren Verlauf zu rechnen ist. Je aggressiver und schnell wachsender eine Krebsform ist, desto schneller sollte er entdeckt werden, um die Heilungschancen zu verbessern.


Abgesehen von regelmässigen Besuchen beim Frauenarzt ist es von grosser Bedeutung, selbst sehr achtsam zu sein. Am besten macht man häufig einen Selbst-Check bei den eigenen Brüsten. Egal ob dieser Check frühmorgens nach dem Duschen oder vor dem Zubettgehen beim Eincremen gemacht wird oder beim Anprobieren schicker Beldona-Unterwäsche – Hauptsache, er wird gemacht.


Die Krebsliga Schweiz empfiehlt, auf die folgenden Merkmale zu achten: 


  • Knoten oder Verhärtungen an den Brüsten oder in den Achselhöhlen 
  • Veränderung der Grösse, Form oder Farbe der Brust 
  • Hautveränderungen, zum Beispiel Rötungen oder Einziehungen 
  • Einziehung der Brustwarzen oder blutige Absonderung aus den Brustwarzen 
  • Schmerzen oder Spannen, das sich anders anfühlt als bei der Monatsblutung


Nicht jedes Knötchen ist sofort Krebs oder gar dein Todesurteil. Wichtig ist, Ungewöhnliches oder Unklares abklären zu lassen und regelmässige Termine beim Frauenarzt wahrzunehmen. Nur so verhindern wir, dass Krebs oder andere Krankheiten ihren heimlichen Vorsprung ausbauen können.


Abschliessend möchte ich nochmals auf unser liebes Pflichtbewusstsein eingehen. Wir müssen unserer Gesundheit gegenüber noch achtsamer agieren und begünstigende Faktoren (wie etwa Rauchen, Alkohol, Stress, Übergewicht, wenig Erholung u.v.m.) versuchen zu eliminieren oder mindestens stark einzuschränken. Wir dürfen keine Angst davor haben, was die Ärzte beim Untersuchen finden könnten, sondern sollten jede Möglichkeit zur Früherkennung ergreifen. Habt keine Angst vor dem, was man finden könnte, sondern gebt euren Ärzten jede Möglichkeit, «es» zu finden und euch Therapien vorzuschlagen.

Weitere Blogartikel von Martina Bayer

Image without a name
Martina Bayer 13.10.20

Frau sein, Frau bleiben

Auch ohne Krankheit sind unkontrollierbare äusserliche Veränderungen eine psychische Herausforderung. Challenges aus dem täglichen Leben, wie etwa ein paar Kilo mehr auf der Waage oder ein zu euphorisches Farbgemisch beim Coiffeur oder ein Sonnenbrand mitten auf der Nase, erleben viele von uns. Auch den Anekdoten einer Mutter über ihre pubertierende Tochter, die jammert, weil sie ihr Make-up für die Party einfach nicht perfekt hinkriegt, steht Anteilnahme gegenüber.

Image without a name

Gemeinsam gegen Brustkrebs

Sie finden hier Informationen zu unserer Beratung und zu den empfohlenen Produkten für die verschiedenen Phasen einer Brustrekonstruktion sowie die Kontakte der Filialen.