Silvia Jauch

Silvia - Über den Mut loszulassen

Der komplette Text zu diesem Thema war bereits fertig, aber ich habe ihn soeben gelöscht. Er war zwar gut, aber gerade jetzt kommen in mir Gefühle an die Oberfläche, die so viel besser zu diesem Thema passen und die ich euch gerne mitteilen möchte. Aber es sei gesagt: Es sind keine einfachen Zeilen – zumindest nicht für mich.

Motherhood
Silvia Jauch
21.05.22

Denn passender zum Thema Motherhood gehts gerade nicht. Ich sitze vor meiner Tastatur und wische mir hin und wieder eine Träne weg. Heute Morgen habe ich mich von meiner Tochter verabschiedet. Sie hat sich mit ihrem Papa auf den Weg in Richtung Schweden gemacht zu der Familie von der Patchworkmama. Sie liebt dieses Land und wird mit der gesamten Patchworkfamilie, vom kleinen Bruder bis zu den Grosseltern, wie immer eine wundervolle Zeit erleben, da bin ich mir sicher.


Gerne würde ich nun hier stoppen und die weiteren Gedanken aus meinem Kopf schütteln. Das geht aber leider nicht, denn es ist das hartnäckigste Gefühl überhaupt: Es ist die Angst, sein Kind loszulassen. Daher versuche ich nun mal eine andere Art der Verarbeitung, indem ich dieses Gefühl zu Papier bringe.


Ich weiss, es wird jetzt vielleicht einige Leser:innen geben, die bereits das Schnattern eines mütterlichen Helikopters im Hintergrund wahrnehmen und leicht genervt sein könnten ab meinen Zeilen. Aber ich möchte darauf hinweisen, dass besagte Eltern solche sorgenvollen Gedanken nicht freiwillig im Kopf rumflattern lassen. Ganz im Gegenteil. Und genau das ist ja die doofe Angelegenheit von Angst, sie ist teilweise übermässig stark und unbegründet in uns am Walten.



ES KOMMT JEDOCH DIE ZEIT, IN WELCHER MAN SEIN KIND IMMER MEHR LOSLASSEN MUSS UND – WIE IN MEINEM FALL – SCHON FAST SCHNAPPATMUNG BEKOMMT WEGEN IRGENDWELCHEN HORRORSZENARIOS.


In der Psychologie wird zwischen Angst als Zustand (state anxiety) und Angst als Eigenschaft (trait anxiety) unterschieden. Während die Zustandsangst eine vorübergehende Emotion infolge einer realen Gefahr ist, führt die trait anxiety dazu, dass Situationen auch ohne akute Bedrohung als gefährlich eingeschätzt werden. Quelle: Planet Wissen


Und genau mit dieser Angst kämpfe ich seit dem Tag der Geburt meiner Tochter. Also zuerst natürlich noch im kleineren Rahmen. Beispielsweise, wenn ich sie jemanden anvertrauen musste, weil ich etwas Dringendes erledigen sollte, bei dem Babygeschrei nicht toleriert wurde. Man hofft natürlich, dass der Babysitter so verantwortungsbewusst mit dem kleinen Bündel umgeht, wie man es eben selber tut, aber schlussendlich sind es oft nur wenige Stunden, die man zur Verfügung hat, um sich unnötige Sorgen zu machen und die Angst bleibt dabei meistens gut unter Kontrolle.


Es kommt jedoch die Zeit, in welcher man sein Kind immer mehr loslassen muss und – wie in meinem Fall – schon fast Schnappatmung bekommt wegen irgendwelchen Horrorszenarios. Eines der ersten Ereignisse dieser Art ist mir für immer geblieben: Meine Tochter hatte soeben eine Klasse übersprungen und war somit das unerfahrenste Kind in gewissen Kenntnissen. Eines Tages kam die Aufforderung der Lehrerin, das Kindervelo auf Vordermann zu bringen für eine etwas grössere Velotour – mitsamt dem gefährlichen Wort Hauptstrasse. Zu diesem Zeitpunkt war meine Tochter wortwörtlich noch nicht sehr sattelfest. Wir waren bis anhin nur auf gemütlichen Naturwegen geradelt und die grösste Gefahr bestand dabei nicht für meine Tochter, sondern für die ahnungslosen Spaziergänger und deren Hunde.

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Natürlich meldete ich mich sogleich bei der Lehrerin und erklärte ihr, dass meine Tochter fast noch nie im Verkehr gefahren und diesbezüglich auch unsicher sei. Mit diesem Hinweis erhoffte ich mir natürlich, dass die Lehrerin ihr Vorhaben aufgrund der erfassten Situation anpassen und bitte niemals wieder auf eine solche üble Idee kommen würde. Tja, da habe ich mich getäuscht. Denn die Lehrerin war weitaus zuversichtlicher, als ich es jemals sein könnte und meinte zu mir, dass ich mir absolut keine Sorgen machen soll – was ich natürlich sofort umsetzte. Und dann lebten alle glücklich und zufrieden, während alle Velos dieser Welt in einen Turm gesperrt wurden und nur noch vor sich hin rosteten. Oder eben nicht. Ich konnte meine Ängste nicht wirklich kontrollieren an diesem Tag, war komplett unkonzentriert und schaute ständig auf mein Handy. Zu wissen, dass ich bei einer möglichen Gefahr nicht eingreifen konnte und an diesem Tag wahrscheinlich nur betrunkene Autofahrer unterwegs waren oder solche, die während der Fahrt eine SMS tippten, machte mich halb irre. Und genau das ist die unerwünschte Macht der Angst, denn sie zeigt uns immer das schlimmste aller Szenarien auf und lässt uns nicht mehr klar denken. Natürlich verlief an diesem Tag alles gut, aber er hat mir bewusst gemacht, dass ab jetzt noch viele solche Tage oder Wochen auf mich zukommen werden, denn meine Tochter hing mir nicht mehr am Rockzipfel rum.


Ich habe solche von Angst regierten Momente daher immer mal wieder, aber spreche natürlich nicht gerne drüber. Denn der Begriff «Helikoptereltern» ist allgegenwärtig und wird in diesem Kontext mindestens drei Mal in einem Satz erwähnt, um dem besorgten Elternteil aufzuzeigen, dass man es doch bitte etwas locker nehmen soll. Leichter gesagt als getan. Und an dieser Stelle möchte ich gerne hinzufügen, dass diese Bezeichnung alles andere als hilfreich ist. 


Aber ich bin es am Lernen, also das Loslassen und die damit einhergehende Angst, etwas in Schach zu halten. Gleichzeitig beginne ich aber auch zu begreifen, dass man als Eltern diese Art von Gefühlen wohl nie ganz loswird, denn unsere Kinder bleiben immer unsere Kinder. Mit dem Tag der Geburt wird daher nicht nur ein neuer wundervoller Mensch geboren, sondern auch ein Leben, das gelebt werden soll. Und das funktioniert nur dann, wenn wir ein Minimum an Urvertrauen erarbeiten, um unsere Komfortzonen verlassen zu können. Aber trotz dieser logischen Worte bleibt da immer ein Hauch unkontrollierbare Angst, die einem mitsamt all der Liebe für das eigene Kind wortwörtlich in die Wiege gelegt wird.


Eines haben wir mit unseren Kindern definitiv gemeinsam: Wir müssen noch so vieles lernen.


EINES HABEN WIR MIT UNSEREN KINDERN DEFINITIV GEMEINSAM: WIR MÜSSEN NOCH SO VIELES LERNEN.

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